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Die Blockflöte

Die Flöte gehört zu den ältesten Musikinstrumenten überhaupt. Schon in prähistorischen Zeiten wurden Flöten gebaut, die aus hohlen Knochen bestanden. Die Flöte verbreitete sich im frühen Mittelalter hauptsächlich im Kreise der singenden und spielenden Zünfte, zu denen u.a. Spielleute, Stadtpfeifer und Gaukler gehörten.

Die Blockflöte, wie wir sie kennen, ist in Europa seit dem 11. Jahrhundert nachgewiesen und gehörte im 14. Jahrhundert zu den bedeutendsten Holzblasinstrumenten. Während der Renaissancezeit vollzog sich im Bereich der Holzblasinstrumente eine rasante Entwicklung. Keine andere Instrumentengattung brachte eine vergleichbare Typenvielfalt hervor und entwickelte eine ähnliche Vielzahl an Grössen vom Sopran bis zum Bass. Bis heute ist die Blockflötenfamilie gewachsen. Vom kleinsten Instrument Garklein 16cm bis zum Subbass 1.88m gibt es 8 verschiedene Grössen.

Während der Barockzeit (ca. 1600-1750) war die Blockflöte das Modeinstrument schlechthin und genoss an Königshöfen, in Fürstenschlössern und Bürgerhäusern höchstes Ansehen. Da für die Musik des Barock neben einer grösseren Virtuosität nun auch ein anderes Klangspektrum gewünscht wurde, das sich deutlicher vom Klang der menschlichen Singstimme abheben sollte, veränderte man die Bauweise und somit das Klangideal der Blockflöte. Insgesamt verfügte die Blockflöte nun über einen klareren und obertonreicheren Klang. Obgleich in der Barockzeit auch weiterhin andere Instrumente
innerhalb der Blockflöten-Familie zum Einsatz kamen, trat doch die Alt-Blockflöte aufgrund ihrer besonderen Klangschönheit als Soloinstrument in den Vordergrund.

Viele namhafte Komponisten, darunter Antonio Vivaldi, Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Jean-Baptiste Loeillet, Giuseppe Sammartini, Johann Mattheson und Georg Philipp Telemann, setztn die Blockflöte gezielt in ihren Kompositionen ein. Über 100 Jahre lang erfreute sie sich grösster Beliebtheit. Eines der wichtigsten und umfassendsten Lehrwerke des 18. Jahrhunderts stammt von Jacques Hotteterre: Er brachte 1708 das Lehrbuch „Prinicipes de la Flûte traversière, de la flûte á bec et du Haut-bois“ heraus, das vor allem Aufschluss über die barocke Spielweise bezüglich Haltung, üblicher Griffe, Trillertechnik, Ornamentik und Artikulation gab.

Im 18. Jahrhundert gewann jedoch nach und nach die klanglich kräftigere Querflöte die Oberhand, weil sie sich im erweiterten Instrumentarium des Orchesters und in den großen Konzertsälen einfach als durchsetzungsfähiger erwies. Nun war – und ist übrigens bis zum heutigen Tage – mit der Angabe „Flöte“ die Querflöte gemeint. Soll die Blockflöte zum Einsatz kommen, wurde und wird dies seither gesondert also als Blockflöte verzeichnet.

Rund 150 Jahre lang fristete die Blockflöte anschliessend ein Schattendasein und kam in erster Linie nur noch als Hausmusikinstrument in bürgerlichen Kreisen zum Einsatz – bis der Instrumentenbauer Arnold Dolmetsch Anfang des 20. Jahrhunderts eine originale Bressan-Alt-Blockflöte aus dem 18. Jahrhundert erwarb. Er nahm sie um 1919 zum historischen Vorbild für seine ersten Blockflötenbauten und avancierte somit zu einem der wohl wichtigsten Pioniere der Blockflöten-Renaissance. Ihm sowie dem deutschen Instrumentenbauer Peter Harlan ist es zu verdanken, dass die Blockflöte in den Folgejahren langsam wieder aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wurde. Dabei legte man grossen Wert auf ein möglichst originalgetreues Klangbild der Renaissance- und Barockmusik. Bedeutende moderne Komponisten wie z.B. Luciano Berio, Paul Hindemith, Benjamin Britten und Leonard Bernstein schufen in der Folge Werke für dieses Instrument. In den 20er-Jahren setzte zugleich die Entwicklung der industriellen Massenproduktion von Blockflöten ein.

Die damit einhergehende Herstellung kostengünstigerer Instrumente zum Beispiel aus Kunststoff war insofern vorteilhaft, als die Blockflöte zunehmend auch für pädagogische Zwecke entdeckt wurde.Da das Spiel insbesondere der Sopran-Blockflöte bereits im Vorschulalter leicht erlernbar ist, weil es weder einer komplizierten Ansatz- noch einer virtuosen Grifftechnik bedarf, wurde und wird die Blockflöte häufig als Einstiegsinstrument eingesetzt. Dies hat dem
Image der Blockflöte deutlich geschadet und warf leider, oder wirft immer noch, ein unangemessenes Bild auf dieses Instrument. Die Blockflöte ernsthaft und professionell gespielt – ist ein ausserordentlich dynamisches und flexibles Instrument mit umfangreichen Ausdrucksmöglichkeiten.

Jede einzelne Epoche der Musikgeschichte hatte ihr eigenes Klangideal, also hat jede Epoche ihre speziellen Instrumente. Auch gibt es grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern. So wie sich die deutsche, italienische oder französische Musik unterscheiden, so unterschiedlich sind die Instrumente. Ich benutze nie das gleiche Instrument für Bach, Corelli oder Couperin. Schon alleine bei der Altblockflöte gibt es unzählige Arten von Instrumenten, die sich von der Klangfarbe und Stimmung unterscheiden. Mit Hans-Martin Linde und Frans Brüggen haben zwei führende Musikerpersönlichkeiten entscheidend dazu beigetragen, dem schlechten Image der Blockflöte entgegenzuwirken: Beide gelangten seit den 60er-Jahren gleichermaßen als Solisten auf dem Konzertpodium wie auch als Schallplatteninterpreten zu Weltruhm und machten sich ebenfalls als Dirigenten und Lehrer einen Namen.

Die musikalische Avantgarde ermöglichte der Blockflöte eine Erweiterung ihres traditionellen Ausdrucksbereichs, wobei sich die schlichte Bauweise dieses Instrumentes als geradezu ideal herausstellte. Denn bei den klappenlosen Instrumenten der Blockflöten-Familie sind Glissandi, Fingervibrato, Mehrklänge, Flageolettklänge in einem Umfang von mehr als drei Oktaven problemlos umsetzbar. In der Experimentellen Musik kommen zuweilen auch nur Teile der Blockflöte zum Einsatz. Auch das Produzieren von Klopf- oder Zischgeräuschen oder das gleichzeitige Mitsingen findet als neues Gestaltungsmittel der
Blockföte Verwendung. Und nicht zu vergessen, mit dem elektronisches Verstärken einer Blockflöte sind heute keine Grenzen des Zusammenspiels mit modernen Instrumenten gesetzt.

 

Text: Ursula Maehr

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